Mini-Unken sind bereit für die Wildnis Schleswig-Holsteins

Sie sind glitschig, gerade mal acht Wochen alt, etwa einen Zentimeter groß und trotzdem schon reif genug für ein Leben in freier Wildbahn:


Rund 1000 junge Rotbauchunken werden an gleich mehreren Stellen im Land ausgesetzt. Die Amphibien mit dem knallroten Bauch sind eine stark gefährdete Art, die in Deutschland nur noch im Norden und Nordosten vorkommen. Jetzt heißt es für die kleinen Quaker, raus aus der Unken-Kita, rein in die vorher aufbereiteten Froschparadiese der Stiftung Naturschutz Schleswig-Holstein. Der Biologe Hauke Drews, Maßnahmen-Manager und seit über 20 Jahren Froschretter bei der Landesstiftung setzt die kleinen Unken heute an gleich mehreren Standorten in Schleswig-Holstein aus: so werden die „Uuuuh-uuuuh-uuuh“-Rufer beispielsweise auf den Wiesen und Weiden der Stiftung Naturschutz Schleswig-Holstein – dem sogenannten Stiftungsland – in Panten im Kreis Herzogtum-Lauenburg ausgesetzt.

Die Rotbauchunken sind in Sicherheit geschlüpft und aufgewachsen


Zuvor wurde der Laich am Salemer Moor und Eichhorst – beides Flächen des Zweckverband Schaalsee-Landschaft e.V. im Lauenburgischen – gesammelt. Behütet aufgewachsen sind Laich und später auch die Kaulquappen in einer Aufzuchtstation von Amphi Consult Germany – den Spezialistenteams für bedrohte Amphibien in Norddeutschland und Skandinavien. „In der Natur überstehen nur rund zehn Prozent der Unken das Laichstadium, bei der künstlichen Aufzucht sind es über 90 Prozent“, sagt Drews. Fertig verwandelt – von der Kaulquappe zur Mini-Rotbauchunke – werden sie nun in die freie Wildbahn entlassen.

Renovierung der Unken-Kinderzimmer


Um die Renovierung der Rotbauchunken-Kinderzimmer haben sich die Froschretter rund um Drews natürlich schon lange vor dem Auswildern gekümmert. Wie überall im Land hatte die Umwandlung von Weidegrünland in Acker zum Verschwinden der Art geführt. Teiche, die den Unken bei den ersten zarten Sonnenstrahlen im Früjahr zur Fortpflanzung und als Laichgewässer dienten, liefen voll Dünger und wuchsen zu. „Da überlebten nur noch die anspruchslosen Arten wie Grünfrösche, Erdkröte oder Teichmolche“, erklärt Drews. Doch Rotbauchunken lieben sonnige, flache und saubere Gewässer ohne Fische, umringt von wildbunten Blumenwiesen und versehen mit Totholz- oder Steinhaufen, die ihnen als Verstecke oder Winterquartiere dienen. Diese Froschparadiese haben Hauke Drews und sein Team am Pantener Moorweiher, in Woltersdorf und auf den Flächen des Lämmerhofs in Panten nahe Lübeck hergerichtet.

Lämmerhof ist ein starker Partner im Naturschutz

Eine besonders vielfältige Gewässerlandschaft ist beim Lämmerhof entstanden, die schon zahlreichen Laubfröschen als Zuhause dient und die nun auch der Rotbauchunke helfen. „Die langjährigen Zusammenarbeit mit dem Biobetrieb Lämmerhof ist besonders erfreulich, weil der Betrieb artenschutzorientierte Landwirtschaft praktiziert, die u. a. den Amphibien in Panten enorm geholfen hat.“ sagt Drews. Und Detlef Hack, Lämmerhof-Eigentümer unterstreicht: „Als ich den Hof vor 36 Jahren von meinem Vater übernommen habe, war für mich klar, dass hier Landwirtschaft und Naturschutz zusammengeführt und gelebt werden. Das Lämmerhof-Team zieht hier voll mit, so dass viele unterschiedliche Projekte möglich werden. Der Lämmerhof hat sich auf diese Weise zu einem Naturschutzhof entwickelt – ein wildbunter Strauß aus Landwirtschaft und Naturschutz. Die Rotbauchunken fügen sich deshalb nahtlos ein und ich freue mich so einer bedrohten Art ein neues zu Hause hier bei uns rund um den Lämmerhof zu bieten. In den drei Stiftungsgebieten werden rund 1000 Mini- Unken in die Freiheit entlassen. Weitere jeweils 200 Tiere kommenin den nächsten Wochen zurück in die „Elternteiche“ am Salemer Moor und Eichhorst.

Rotbauchunken nicht länger vom Aussterben bedroht, aber noch immer stark gefährdet

Dank des unermüdlichen Einsatzes von Hauke Drews im Rahmen der Amphibieninitiative der Stiftung Naturschutz Schleswig-Holstein haben die Rotbauchunken sich auf der überarbeiteten Roten Liste der Amphibien Schleswig-Holsteins vom Status „vom Aussterben bedroht“ auf „stark gefährdet“ verbessert. „Das ist bundesweit einzigartig“, freut sich Drews. Diesen zarten Aufwärtstrend der Rotbauchunken bestätigt auch Amphibien-Experte Florian Bibelriether. In seiner Auswertung, insbesondere auf Naturschutzfläche, allen voran den Flächen der Stiftung Naturschutz Schleswig-Holstein, sei dies deutlich erkennbar. So haben die Unken in Schleswig-Holstein begonnen sich wieder von den Naturschutzflächen in die umgebende Landschaft auszubreiten. In diesem Jahr tauchten die rotbauchigen Amphibien nach 30 Jahren zum ersten Mal wieder in zahlreichen Gebieten der Kreise Ostholstein und Plön auf. Trotzdem ist der Weg zu robusten Rotbauchunken-Populationen noch weit. „Wir müssen weitermachen…“, ist Drews fest entschlossen. Währenddessen hüpfen die Mini-Unken schon los und erobern ihre neuen Spielwiesen und späteren Lebensräume.